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Anekdoten rund um die Zahnmedizin – Örtliche Betäubung

Die Möglichkeit das Schmerzempfinden bei der Zahnbehandlung gezielt und zeitlich begrenzt auszuschalten, hat moderne Zahnmedizin erst möglich gemacht. Diesen Segen verdanken wir dem gemeinsamen Drogenkonsum eines Wiener Augenarztes und dem berühmten Psychoanalytiker Sigmund Freund.

Eine Spritze wird mit aufgezogen

Ohne Lokalanästhesie, wie die örtliche Betäubung in Fachkreisen heißt, können wir uns Zahnbehandlungen heute nicht vorstellen.

Früher stand allenfalls Alkohol in größeren Mengen zur Verfügung, um für eine gewisse „Benebelung“ des Patienten zu sorgen. Das berüchtigte Beißholz, um bei Schmerzen die „Zähne zusammen zu beißen“ schied bei Maßnahmen an den Zähnen selbst ja aus.

Ende des 19. Jahrhunderts saßen in Wien die zwei Freunde Sigmund Freund und Carl Koller beisammen und konsumierten Kokain. Dem Augenarzt Koller fiel dabei auf, dass sich die Zunge daraufhin taub anfühlte. Nach erfolgreichen Versuchen an Tieren träufelte Koller 1884 eine Kokainlösung  auf das Auge eines Patienten und führte somit den ersten operativen Eingriff unter Lokalanästhesie durch.

Dr. William Halsted wurde 1885 die erste Lokalanästhesie durch Injektion (Infiltrationsanästhesie) bei Zahneingriffen zugeschrieben.

Heinrich Braun setzte dem Wirkstoff noch Adrenalin hinzu, was 1905 als weiterer Meilenstein gewertet wurde. Adrenalin verengt die Blutgefäße und verlangsamt dadurch den Abbau des Lokalanästhetikums. Es muss weniger Wirkstoff verabreicht werden. Gleichzeitig verlängert sich die Wirkdauer und im Operationsgebiet blutet es weniger.

Durch die Lokalanästhesie sind wir in der Lage sehr gezielt, örtlich und zeitlich begrenzt Schmerzfreiheit herzustellen. Wo immer möglich, kann so auf eine deutlich belastendere Vollnarkose verzichtet werden.

Die verwendeten Wirkstoffe werden heute synthetisch hergestellt und haben mit der ursprünglichen Droge Kokain wenig zu tun. Die berauschende und auch die Suchtkomponente sind nicht mehr vorhanden. Einzig die noch immer bei den Wirkstoffen gebräuchliche Endung -cain (Articain, Lidocain) weist noch auf deren Herkunft hin.